Sektorenkopplung stellt hohe Anforderungen an die Steckverbinder
Wie kann die Energiewende gelingen? & Teile der Industrie und der Normung, darunter der ZVEI, der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) und die DKE, setzen sich für die Sektorkopplung ein, um fossile Energieträger durch erneuerbare Ressourcen zu ersetzen. Wärmeerzeugung und Verkehr sind daher datentechnisch und energetisch zu verknüpfen. Die Sektoren kommunizieren direkt miteinander, um eine optimale Energieeffizienz zu erreichen. Ein Interview mit Norbert Gemmeke, Geschäftsführer von HARTING Electric, über die Rolle der Steckverbinder in diesem Szenario.
tec.news: Welche technologischen Herausforderungen bringt die Sektorenkopplung mit sich - und welche Rolle können Konnektoren in diesen Lösungsszenarien spielen?
Norbert Gemmeke Die einzige Möglichkeit, CO2-Reduzierungen zu erreichen, besteht darin, effizient auf nachhaltige und damit erneuerbare Energien zurückzugreifen. Um dies zu erreichen, muss die Energie, d.h. der Strom, optimal angeschlossen, geregelt und gesteuert werden. Anschlüsse für Strom und Daten sind hier entscheidend.
tec.news: Auf dem Weg zur All-Electric Society (AES) hat HARTING die Bereiche Energie, Mobilität und Industrie gezielt identifiziert. Was kann insbesondere die industrielle Produktion dazu beitragen, fossile Brennstoffe zu ersetzen?
Gemmeke: Gleichstrom (DC) spielt in allen genannten Bereichen eine wichtige Rolle. In der Industrie können sehr hohe Wirkungsgrade durch die direkte Nutzung von Wind- und Sonnenenergie und durch die Nutzung der Bremsenergie von Antrieben erreicht werden.
tec.news: Wie können Steckverbinder dazu beitragen, den Einsatz von Stromspeichern in der Industrie zu unterstützen und die Effizienz zu steigern?
Gemmeke: Ich möchte hier einen Blick auf das große Ganze werfen: Die konsequente Umsetzung des AES wird die Welt wesentlich elektrischer machen. Dies erfordert höhere Stromdichten auf engstem Raum und erfordert höhere Strom- und Spannungswerte. Einerseits werden dadurch die Anforderungen an die Anschlüsse erhöht. Andererseits werden die Steckverbinder immer universeller und einheitlicher in ihren elektrischen Anforderungen, nicht nur für den Einsatz in Energiespeichersystemen (ESS), sondern auch in Maschinen, Energieverteilern und deren Anwendungen im Mobilitätssektor.
tec.news: Mehr Regelungsfunktionen und der Einsatz von Netzpuffern und Speichersystemen sind erforderlich, um die Schwankungen und Spitzen der erneuerbaren Erzeugung auszugleichen. Was bedeutet das für die Kunden?
Gemmeke: Dabei sind zwei entscheidende Richtungen zu berücksichtigen: Erstens, die Energie. Das muss schnell, unkompliziert und sicher skalierbar sein - und das geht nur mit Steckverbindungen. Andererseits werden die Kontroll- und Regulierungsfunktionen und damit die vorhandenen Datenverbindungen eine entscheidende Rolle spielen. Das intelligente Management von Energie durch den Einsatz von Software und KI wird dabei ein entscheidender Faktor sein.
tec.news: Vor allem die Industrie hat ein Interesse an einer ausgewogenen, sicheren und günstigen Versorgung mit Strom aus erneuerbaren Energien. Verfügen wir über die notwendige Infrastruktur in den Lebensadern der Industrie, um die Sektorkopplung sicher voranzutreiben?
Gemmeke: Gegenwärtig verfügen wir noch nicht über eine solche Infrastruktur - daher ist dies ein wichtiges Ziel der AES. Die Weichen sind gestellt, aber der weitere Ausbau muss noch deutlich an Fahrt aufnehmen.
tec.news: Die Koordinierung zwischen den Sektoren erfordert den Austausch großer Datenmengen. Die beteiligten Infrastrukturen müssen miteinander kommunizieren können. Was muss aus Sicht eines Herstellers von Anschlusstechnik im Bereich der Standards/Normen geschehen, damit die Übergänge nahtlos und reibungslos werden?
Gemmeke: Dabei geht es nicht nur um große Mengen, sondern auch um große Energiemengen und hohe Anschlussleistungen. Die Hochgeschwindigkeitsimplementierung des AES kann nur durch Standards bei Steckern, ESS und Verteilern (Hardware und Software) erreicht werden. Dies gilt sowohl für Strom als auch für Daten.
tec.news: In der Industrie hilft die Modularisierung von Maschinen und Anlagen, Stillstandszeiten und Betriebskosten zu reduzieren. Steckverbinder unterstützen diesen Prozess durch ihr Design und ihre Konstruktion. Wird die Modularität nun auch in den anderen Sektoren weiter voranschreiten - etwa im Verkehr, in der Strom- und Wärmeerzeugung?
Gemmeke: Ja, auf jeden Fall. Zum einen werden einheitlichere Anforderungen an Kontakte und Gegenflächen gestellt. Andererseits sind diese Anforderungen auch an Kabel und Kabelkonfektionen zu stellen und entsprechend zu erfüllen.
Rund zwei Drittel des Energieverbrauchs in Deutschland werden für das Heizen und Kühlen von Gebäuden und für den Verkehr verwendet, während der Bedarf in beiden Sektoren noch zu gut 90 Prozent durch fossile Energieträger gedeckt wird. Wenn wir unsere CO2-Reduktionsziele erreichen wollen, muss der Anteil der fossilen Brennstoffe drastisch reduziert werden. Daher befürworten bestimmte Industriezweige die Sektorkopplung als Hebel zur Dekarbonisierung. Das Konzept sieht die Kopplung der Sektoren Wärme, Stromerzeugung und Verkehr unter Zwischenschaltung von erneuerbarer Stromerzeugung vor. Ziel ist es, die Kohlendioxidemissionen insgesamt zu reduzieren. Ermöglicht wird dies durch den Datenaustausch zwischen den Erzeugungsanlagen, ein intelligentes Energiemanagement und die bedarfsgerechte Umwandlung von erneuerbarem Strom in Wärme und andere Energieträger. Wind und Sonne sollen die Grundlage unserer Energieversorgung werden, während Biogas und grüner Wasserstoff die Lücken in der volatilen Erzeugung füllen sollen. Die Leistung von Millionen kleiner Kraftwerke kann mit dem Verbrauch koordiniert werden, und Angebot und Nachfrage können über die Grenzen des Sektors hinweg gesteuert werden.
gez. Detlef Sieverdingbeck
Position: Zentralbereichsleiter Unternehmenskommunikation & Branding
- Abteilung: CCB
- Firma: HARTING Stiftung & Co. KG