Elektrifiziert und vernetzt den Energiehunger stillen
Die Nachfrage an und der Verbrauch von Energie – beides wächst seit Jahrzehnten in extremen Dimensionen. In den kommenden Jahrzehnten dürfte sich der weltweite energetische Hunger nochmals verstärken. Allein das schnelle Wachstum in den Entwicklungsländern sorgt für ein beträchtliches Mehr an Energiebedarf.
Energieverbrauch
Blickt man auf den globalen Verbrauch von Primärenergie, so steigt dieser seit dem Jahr 1980 konstant an. Damals lag er bei rund 280 Exajoule. 2023 waren es schon 620 Exajoule. Die führenden Länder nach ihrem Anteil am weltweiten Primärenergieverbrauch sind keine Überraschung: So stand China 2023 mit fast 28 Prozent an der Spitze der besonders hungrigen Staaten, gefolgt von den USA mit rund 15 Prozent und Indien mit etwa 6 Prozent.
Der weltweite Energiebedarf wird stark durch Faktoren wie Bevölkerungswachstum, wirtschaftliche Entwicklung und den Übergang zu erneuerbaren Energien getrieben.
Prognosen
Einige Prognosen, wie die der World Energy Transitions Outlook 2023, der Internationalen Erneuerbaren Energie Agentur, geben trotz des absoluten Anstiegs einen wirklichen Lichtblick:
Denn die Studien erwarten, dass der Anteil erneuerbarer Energien an der globalen Stromerzeugung signifikant ansteigt. Bis 2030 könnten diese Energieformen zwischen 45 und 50 Prozent des globalen Strombedarfs decken. Dieser Wert könnte bis 2050 auf bis zu 85 Prozent steigen.
All Electric Society
Diese Zahlen bestärken das Konzept der All Electric Society (AES). Die AES zielt darauf ab, eine nachhaltige und klimaneutrale Zukunft zu schaffen, in welcher der gesamte Energiebedarf durch regenerativ erzeugte Energie gedeckt wird. Diese Vision strebt eine Gesellschaft an, die auf fossile Brennstoffe verzichtet und stattdessen erneuerbare Energien und Elektrifizierung als zentrale Säulen ihrer Energieversorgung nutzt.
Wie relevant die Umsetzung der AES ist, betont Andreas Huhmann, Strategy Consultant bei HARTING:
Wir bemerken immer stärker die menschengemachte Destabilisierung der vernetzten Ökosysteme. Die AES könnte diese Destabilisierung zumindest auf ein Niveau reduzieren, auf dem es nicht kurzfristig zu einem Kollabieren kommt.
Andreas Huhmann
Strategy Consultant bei HARTING
Erneuerbare Energien
Zur Lösung des enormen Energiebedarfs nutzt die AES die Energie der Sonne, die regenerativ über Photovoltaik (PV), Wind und Biomasse gewonnen werden kann. Etwa 0,3 bis 1 Prozent der Landmasse würden bei heutigen Wirkungsgraden reichen, um den Energiebedarf mittels PV zu decken. Dabei werden aktuell durchschnittliche Wirkungsgrade von Solaranlagen zwischen 15 und 20 Prozent sowie eine effiziente Nutzung und Speicherung der erzeugten Energie angenommen.
Für Stephan Middelkamp, General Manager Quality & Technologies bei HARTING, ist deshalb die Energieerzeugung selbst nicht die Kernherausforderung:
Wenn man sich die Preisentwicklung der vergangenen Jahre für die Herstellkosten von regenerativer Energie anschaut, sieh man, dass auch die kostengünstige Bereitstellung kein entscheidendes Problem ist.“
Stephan Middelkamp
General Manager Quality & Technology bei HARTING
Bedarfsgerechte Verteilung
Anspruchsvoll dagegen ist der Kern der AES – die bedarfsgerechte Verteilung der Energie. Um dies abbilden zu können, unterteilt die AES die Gesellschaft in die Sektoren Industrie, Mobilität, Infrastruktur und Agrikultur. Sie haben alle unterschiedliche Energiebedarfe. Hinzu kommt der energieerzeugende Sektor.
Sektorenkopplung
Das wesentliche Stichwort bei der Verbindung dieser Bereiche lautet Sektorenkopplung. Diese muss sowohl energetisch als auch datenseitig erfolgen. Zum einen kann so die Energie von einem zum anderen Sektor fließen. Zum anderen ermöglicht die datenseitige Kopplung eine Kommunikation über den jeweiligen Sektor hinaus, mit der Information, dass dort Energie benötigt wird. Die energetische Kopplung läuft dabei über Wechsel und Gleichstromnetze (AC und DC) sowie Zwischenspeicher ab.
Die datenseitige Kopplung setzt wiederum voraus, dass sich unterschiedliche Sektoren auf einheitliche Datenmodelle und Protokolle verständigen. Der digitale Zwilling bietet hier eine Lösung. Dafür setzt die Industrial Digital Twin Association (IDTA) auf sogenannte Submodel Templates. Das sind standardisierte Vorlagen, die für die Modellierung von sogenannten Verwaltungsschalen verwendet werden. Sie sorgen für eine einheitliche Darstellung und Interoperabilität von digitalen Zwillingen in industriellen Anwendungen.
Die Elektrifizierung wird sich nach Ansicht der HARTING-Experten Huhmann und Middelkamp über die Kopplung der Sektoren hinaus auch weitgehend auf die einzelnen Sektoren auswirken.
Die Anforderung, dass der Sektor bzw. die Verbraucher im Sektor Energie und Daten austauschen müssen und steuerbar sind, führt zu einer Elektrifizierung der Verbraucher selbst.
Stephan Middelkamp
General Manager Quality & Technology bei HARTING
Der daraus resultierende Vorteil: Elektrische Verbraucher sind in den meisten Fällen einfacher zu steuern und energieeffizienter.
Die konsequente Umsetzung der AES ist nicht frei von Hürden. Doch die damit verbundenen technischen Anpassungen und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft bringen vor allem eines: eine wirklich nachhaltige Lebensweise.
Oder wie es Andreas Huhmann zuspitzt:
Die AES ist die Ultima Ratio, die das Fortbestehen der menschlichen Zivilisation zumindest denkbar macht.
Andreas Huhmann
Strategy Consultant bei HARTING
Lars Kühme
Position: Manager für Unternehmenskommunikation
- Abteilung: Unternehmenskommunikation & Branding
- Firma: HARTING Stiftung & Co. KG