Mit Landwirtschaft und Technik zu nachhaltigem Wirtschaften
tec.news: Herr Harting, Sie haben als „grüner Unternehmer“ früh den Grundstein gelegt für nachhaltiges Wirtschaften. Was war die Initialzündung zur Gründung der ZEA Green Energy?
D. Harting: Ich habe schon früh meine Leidenschaft für die Landwirtschaft entdeckt. Als dann von der rot-grünen Regierung unter der Bundeskanzlerschaft von Gerhard Schröder das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) im März 2000 verabschiedet wurde, war dies für uns der Startschuss: Wir begannen mit einem Schweinestall und dem Bau einer 0,5 Megawatt Biogas-Anlage, mit der wir Strom erzeugt haben. Die dabei zusätzlich entstandene Wärme haben wir über Rohrleitungen dem landwirtschaftlichen Betrieb zugeführt. Wenig später kam die Idee auf, Biomethan zu erzeugen. Die Erzeugung von Biomethan war für uns vollkommenes Neuland. Im niedersächsischen Uchte wurde ein Gelände mit direkt anliegender Gasleitung erworben, dass eine Grundvoraussetzung darstellte. Hier haben wir 2011 eine Biomethananlage mit anschließender Gasaufbereitung errichtet. Die Biogasanlage hat eine elektrische Leistung von 3 Megawatt. Als biologischen Rohstoff verwenden wir Mais. Für den Maisanbau sind in der Umgebung Uchte optimale Bodenbedingungen: von Stau-nass im Winter bis hin zu sehr leicht in den Sommermonaten.
G. Sudholz: Mit unserer 3 Megawatt-Anlage haben auch wir, wie oben erwähnt, mit der Gasaufbereitung begonnen und speisen das aufbereitete Biomethan in Erdgasqualität direkt in die örtliche Gasleitung ein. Zwei wichtige Aspekte kommen hier zum Tragen: Landwirtschaft und die Technik – im Sinne der Erzeugungs- und Aufbereitungstechnik. Wir bewirtschaften für die gesamte Anlage ca. 1.200 Hektar und verwenden für die Gasaufbereitung das Verfahren der Druckwasserwäsche eine so genannte „schwedische Anlage“. Bei diesem Aufbereitungsverfahren wird zur Reinigung des rohen Biogases kaltes Wasser unter erhöhtem Druck eingesetzt. Das Biogas wird hierbei im Gegenstrom zum Wasser durch eine Aufbereitungskolonne geleitet. Innerhalb der Kolonne wird das CO2 des Biogases an das Wasser gebunden und somit herausgewaschen. Als Produkte werden daraus Biomethan und CO2 als Abgas erhalten.
Wir produzieren dabei unter der Nawaro Kennzeichnung, das bedeutet: Es werden ausschließlich nachwachsende Rohstoffe für die Erzeugung eingesetzt.
D. Harting: Mittels eines Blockheizkraftwerkes am Standort Uchte wird die eigene Stromversorgung gewährleistet. Die dort entstehende Abwärme wird zum einen über eine Adsorptionskälteanlage für die Druckwasserwäsche genutzt. Des Weiteren wird ein Teil der Wärme über Rohrleitungen für kommunalen Einrichtungen des Ortes der Gemeinde Uchte verwendet. Hierbei beliefern wir die Dreifachsporthalle, die Grundschule und die Oberschule, den Kindergarten und das Freibad.
tec.news: Herr Sudholz, Wie genau ist die Biogasanlage für die Energieversorgung der HARTING Technologiegruppe eingebunden? Gibt es darüber hinaus noch weitere Abnehmer?
G. Sudholz: Wir haben zwei Energiezentralen in Espelkamp zur Wärme- und Stromerzeugung. Diese werden mit dem erzeugten Biomethan betrieben und liefern Strom und Wärme für die HARTING Produktionswerke bzw. die Stadtwerke Espelkamp. Der erzeugte Strom wird an der Strombörse vermarktet und die Wärme als Nahwärme verwendet. Darüber hinaus versorgen wir HARTING direkt mit Biomethan. Die Energiezentralen in Espelkamp sind über die benötigte Wärmemenge gesteuert und verfügen über einen großen Wärmespeicher.
tec.news: Wie erhalten Sie den für die Energieversorgung notwendigen Mais?
G. Sudholz: Unser Anteil an Eigenanbau liegt hier bei 90%. Diese setzen sich aus 60% Mais, 20% Mischkultur aus Wildpflanze, Mais-Bohne sowie 10% Getreide-Ganzpflanzensilage zusammen. Durch diese Mischung reduzieren wir Monokulturen in der Umgebung. Weitere 10% der eingesetzten Biomasse wird von Dritten zugekauft und basiert auf Anbauverträgen. Die eingesetzte Biomasse wird durch die Bakterienkollonien innerhalb der Fermenter vergoren und zu Biogas umgewandelt. Die entstehenden Gärreste ca. 65% der Futtermenge kommen in Fester und flüssig Form aus der Biogasanlage und werden zur Düngung der eigenen Flächen verwenden und so schließt sich der Nährstoffkreislauf. Für unsere eigenen Flächen können wir zertifiziertes Biomethan durch diese und weitere Maßnahmen herstellen. Darüber hinaus bauen wir auf 60 Hektar ein & mehrjährige Blühstreifen/ Blühflächen und Wildäsungsflächen an und leisten einen Beitrag zur Biodiversität.
tec.news: Was sind die weiteren Ausbaupläne für die ZEA Green Energy?
D. Harting: Wir planen, im Jahr 2024 einen Windpark zu errichten: Drei Windkraftanlagen, die jeweils 4,2 Megawatt Windenergie erzeugen. Der prognostizierte Jahresertrag beträgt: 27 Millionen kWh. Darüber hinaus möchten wir auch das Thema Photovoltaik weiter für uns voranbringen. Innerhalb der nächsten drei Jahre soll dazu auf einer Fläche von 14,5 Hektar eine Freiland-PV-Anlage errichtet werden. Der prognostizierte Jahresertrag liegt hier bei 14,5 Millionen kWh. Durch die Kombination von PV und Windkraft kann die Stromerzeugung konstant über das Jahr hochgehalten und die Ertragskurven aufeinander abgeglichen werden: der höchste Windertrag ergibt sich von Herbst bis Frühjahr, im Sommer kommt dann durch die höchste Sonneneinstrahlung der PV-Strom zum Tragen. Damit erwarten wir eine konstante Erzeugung von regenerativer Energie und somit ist auch die Wasserstoffproduktion zukünftig ein Thema für uns, das wir näher in Betracht ziehen.
tec.news: Was ergeben sich daraus für Möglichkeiten für die Energieversorgung von HARTING?
D. Harting: Die „grüne Energie“ stärkt nachhaltig die Autarkie der HARTING Technologiegruppe – mit unseren Ausbauplänen bauen wir unsere Position weiter aus und können eine konstante Strommenge noch besser einsetzen. Auf diese Weise verfolgen wir weiterhin unser Ziel, Vorreiter und Richtungsgeber für eine nachhaltige Produktion in Deutschland zu sein.
ZEA Green Energy
Die ZEA Green Energy wurde im Jahr 2011 von Dietmar Harting gegründet. Die Übersetzung des Wortes „Zea“ aus dem Griechischen bedeutet: Mais. Die Biogasanlage mit ihrer angegliederten Biogasaufbereitung war zum Gründungszeitpunkt die in Deutschland 27. Anlage überhaupt. Sie liefert zertifiziertes Biomethan mit einer Treibhausgas-Minderungsquote von 80,92% (17,95g CO2Äq/MJ). Die Zertifizierung umfasst den CO2 Fußabdruck, der sich aus Anbau, Ernte, Biogas- und Biogasaufbereitungsanlage sowie aus dem Transport zum Unternehmen ergibt. Das damit verbundene CO2 Einsparpotenzial wird über den Quotienten aus Gesamtemissionen und Referenzwert für fossile gasförmige Treibstoffe in g/MJ bestimmt. Die Minderungsquote liegt dabei bei 80% gegenüber Heizöl.